Seine Farben sind intensiv und seine Kompositionen gleichen einander ebenso, wie sie unverwechselbar sind. Dabei strahlen die Bilder von Mark Rothko eine meditative Ruhe aus. Wer die Werke des Amerikaners lettischen Ursprungs (1903-1970) betrachtet, kann sich ihnen nicht mehr entziehen. Bald werden die Bilder von Mark Rothko in Den Haag zu sehen sein. Die erste Einzelausstellung in den Niederlanden seit 40 Jahren wird am 20. September eröffnet, die Exponate werden bis zum 1. März 2015 gezeigt.
Ich selbst werde mir die Bilder von Rothko in Den Haag auf jeden Fall ansehen. Dabei hoffe ich auf eine Fortsetzung der erhabenen Begegnungen, die ich in der Vergangenheit bereits mit dem Künstler hatte. In der texanischen Megalopolis Houston etwa hat Rothko eine ganze Kapelle mit Gemälden ausgestattet. Die Hülle von Rothko Chapel stammt von Philip Johnson. Das Bauwerk dient der Kontemplation und der unangestrengten Suche nach Spiritualität – ein Ort von unvergleichlicher Erhabenheit, den man nicht unbedingt im testosteronbeladenen Texas erwarten würde.
Nicht minder beeindruckend ist der Saal in der Tate Modern, der den großflächigen Werken Rothkos vorbehalten ist. Auch hier, mitten im hektischen London, verbreiten die Bilder eine Aura der Ausgeglichenheit, die in schrillem Kontrast zum schwierigen Leben des Künstlers steht: Rothkos junge Jahre wurden durch die desillusionierenden Erlebnisse aus zwei Weltkriegen geprägt. Der Maler wurde von Depressionen heimgesucht. Trotz seiner gequälten Seele aber gelang es ihm, Kunst von dauerhaftem Wert zu schaffen.
Rekordsummen auf Kunstmessen
Bei Auktionen erzielen seine Werke ebenso wie auf Kunstmessen Rekordsummen. Hier auch habe ich ein drittes Rothko-Erlebnis von bleibendem Wert gehabt: Bei der TEFAF in Maastricht war ein Rothko für den Betrag von ungefähr 50 Millionen Euro zu haben. Die Grundfarben waren weiß und orange. Ich habe eine knappe Stunde vor dem Bild verbracht – unbehelligt von anderen Besuchern.
Die Ausstellung in Den Haag wird in dieser Form nur im Gemeentemuseum zu sehen sein. Rothkos typische Kompositionen, für die im allgemeinen der Terminus Classic Style verwendet wird, bilden naturgemäß einen Schwerpunkt der Schau. Allerdings wollen die Kuratoren auch das gegenwärtig weniger beachtete Frühwerk in ein neues Licht rücken. Dabei soll die These belegt werden, dass Rothko mit einer Art fauvistischem Realismus als Ausgangspunkt eine sehr eigene Form des Surrealismus entwickelte, um sich danach für die völlige Abstraktion zu entscheiden.
“Blurry Mondrians?”
Die Verantwortlichen im Gemeentemuseum Den Haag unternehmen die Anstrengungen auch deshalb, weil sie der Meinung sind, dass ihr Haus der geeignete Ort für eine Retrospektive ist: Das Museum beherbergt die größte Mondrian-Sammlung der Welt, und dieser Künstler hat wie kein anderer einen sehr deutlichen Weg zur Abstraktion zurückgelegt. Obwohl es Rothko zunächst nicht schätzte, dass seine Werke von einem Kunstkritiker „blurry Mondrians“ genannt wurden, war Mondrian eine seiner Inspirationsquellen. Er nannte ihn sogar den „sinnlichsten Maler, den er kannte“, womit der auf den Farbgebrauch des niederländischen Künstlers anspielte.
In der Ausstellung sollen denn auch die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Entwicklung der wichtigsten Künstler der ersten und zweiten Generation von Pionieren der abstrakten Kunst veranschaulicht werden.
Zur Ausstellung erscheint ein reichlich illustrierter Katalog, unter anderem mit Beiträgen von Joost Zwagerman, Franz-W. Kaiser und Harry Cooper. Es ist auch ein interessantes Interview mit dem Kunsthistoriker Henk van Os zu lesen, der Mark Rothko in den letzten Monaten seines Lebens regelmäßig in dessen Atelier besuchte.
Informationen:
Mark Rothko, 20. September bis 1. März 2015, Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags 11 bis 17 Uhr, Gemeentemuseum Den Haag, Stadhouderslaan 41, 2517 EH Den Haag, Eintritt: 13,50 Euro.
Ralf Johnen, Juli 2014, Bilder: Ralf Johnen (2), Gemeentemuseum (3)