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Kniefall vor dem Fotografen: Eine Retrospektive für Peter Lindbergh

Das Gesicht einer Generation: Kate Moss, wie Peter Lindbergh sie uns gezeigt hat

Das Gesicht einer Generation: Kate Moss, wie Peter Lindbergh sie uns gezeigt hat

Erst mal ein Selfie machen. Mit dieser zeitgemäßen Geste hält Peter Lindbergh einen Augenblick fest, der sich so nicht wiederholen wird. Die Kunsthalle Rotterdam hat dem Fotografen einen großen Bahnhof bereitet.

Nur der Moment: Peter Lindbergh hält seinen groß Tag auf einfache Weise fest

Nur der Moment: Peter Lindbergh hält seinen großen Tag auf einfache Weise fest

Mit einer groß angelegten Ausstellung, aber nicht nur damit: Viele Supermodels der ersten Stunde sind gekommen, um Lindbergh zu huldigen. Der 71 Jahre alte Mann aus Duisburg genießt es sichtlich, als er in deren Begleitung in einem nicht aufhören wollenden Blitzlichtgewitter durch die Räume schreitet. »Und die Tina«, sagt er, »die kommt gleich auch noch«.

Riesenauflauf: Der Duisburger Jung mit seinen Wegbegleitern

Riesenauflauf: Der Duisburger Jung mit seinen Wegbegleitern – u.a. Tatjana Patitz und Nadja Auermann

»Die Tina« ist in diesem Fall Tina Turner, deren Posen Lindbergh festgehalten hat, um ihr in Ergänzung zu einer unverwechselbaren Stimme auch optisch den Status einer Ikone zu verleihen.

Private Dancer: Lindbergh hat Tina Turner auch optisch zu einer Pop-Ikone geadelt

Private Dancer: Lindbergh hat Tina Turner auch optisch zu einer Pop-Ikone geadelt

Weder Nadja Auermann noch Tatjana Patitz oder Milla Jovovich schauen bei der Ansage verwundert auf. In einer guten Welt ist man seinen Weggefährten schließlich etwas schuldig.

Gesichter einer Generation

Während die Kameras auf die unterschiedlichen gealterten Models gerichtet sind, parliert Lindbergh freudig. Ja, das waren Zeiten, als er Karen Alexander, Linda Evengelista, Christy Turlington und Patitz am Strand von Malibu abgelichtet hat – in weißen Blusen, die nun als modische Evergreens im Museumsshop verkauft werden. Oder als er 1994 Kate Moss mit nur einem Bild für »Harper’s Bazaar« zum Gesicht einer ganzen Generation gemacht hat. Er, ein Junge aus dem Pott, der rein äußerlich besser in einem Schimanski-Krimi aufgehoben wäre als in die Welt von Glitz und Glamour.

Milla Jovovich stand schon mit 13 vor Lindberghs Kamera. Nun hatte auch ich die Ehre

Milla Jovovich stand schon mit 13 vor Lindberghs Kamera. Nun hatte auch ich die Ehre

Im Auditorium des Museums hatte Lindbergh kurz zuvor gesagt, dass seine Arbeit in erster Linie auf Vertrauen basiere. Die Mannequins wissen, dass er nicht an Makeup interessiert ist, sondern an ihrer natürlichen Seite. Nicht an banaler Zurschaustellung des Körpers, sondern an Persönlichkeit, mit Platz für Unvollkommenheiten, die ja, verkürzt gesagt, wesentlich zum Charakter beitragen.

Der Fotograf als Therapeut: Peter Lindbergh in der Kunsthalle Rotterdam

Nadja Auermann, heute 45, räumt vor der internationalen Modejournaille sogar ein, dass sie sich erst durch Lindbergh als vollwertige Frau zu fühlen gelernt habe. »Ich wollte immer wie Marilyn Monroe aussehen. Doch ich war nur groß und dünn.« Hier hat der Fotograf also zugleich als Therapeut gewirkt.

Back then: Tatjana Patitz damals und heute

Back then: Tatjana Patitz damals und heute

Milla Jovovich stand schon mit 13 in der Mojave-Wüste vor Lindberghs Kamera. Sie ergänzt, dass es bei ihm nie darum gegangen sei, »pretty« im Sinne von hübsch zu sein. Stattdessen habe der Mann hinter der Kamera kein Risiko gescheut, um andere Seiten aus ihr heraus zu kitzeln.

Milla Jovovich mit Kurator Thierry-Maxime Loriot und Kollegin Auermann

Milla Jovovich mit Kurator Thierry-Maxime Loriot und Kollegin Lara Stone

Tatjana Patitz meint gar, es gehe dem vermeintlichen Model-Dompteur um die Dekonstruktion des gesamten Genres. In einer Welt, die nach Perfektion lechze, stehe Lindberghs Arbeit für Simplizität und Natürlichkeit.

Shine on: Milla Jovovich mit Stilllebenrequisite

Shine on: Milla Jovovich mit Stilllebenrequisite

Rund 220 Exponate hat Kurator Thierry-Maxime Loriot zum Beweis der These ausgesucht, dass Lindbergh einen anderen Blick auf die Modewelt eröffnet hat.

Zeitreise in meine eigene Jugend

Für mich persönlich ist der Besuch zu einer Reise in eine Zeit geworden, die sich wie meine Jugend anfühlt, die in Wahrheit aber wohl spätere Jahre abdeckt.

Die Gesichter von Kate Moss, Linda Evangelista, Nadja Auermann und Naomi Campbell waren in den 90ern so allgegenwärtig, dass ich mich unweigerlich in ihrer Begleitung durch laue Kölner Nächte stapfen sehe, durch ein Jahrzehnt, in dem der einzige Plan darin bestand, keinen Plan zu haben.

Karen Alexander und Lara Stone beim Close-up

Karen Alexander und Lara Stone beim Close-up

Altern mit Peter Lindbergh: ungeschminkt und natürlich

So erhält die Ausstellung zusätzlich zu ihrem Dokumentationscharakter auch eine schwelgerische, nostalgische Note. Bis die Realität an diesem besonderen Tag ihr unbarmherziges Gesicht zeigt: Die Zeit ist an einigen Supermodels nicht spurlos vorbeigezogen. Doch statt sich auf einen Wettlauf mit ihr einzulassen, geben sie sich so, als würden sie für Lindbergh posieren: weitgehend ungeschminkt und natürlich.

Mirror Madonnas

Mirror Madonnas

Als ich nach drei Stunden die Kunsthalle verlasse, komme ich zu dem Schluss: Lindbergh hat das Frauenbild seiner Zeit maßgeblich mitgeprägt. Ich finde, dass er sie in seinen Bildern von der Bürde befreit hat wie flexibel einstzbare Requisiten zu wirken. Dabei ist es ihm gelungen, auf dem schmalen Grat zwischen Unvollkommenheit und Kunst zu wandern. Dabei ist es ihm gelungen, nur innerhalb der Branche ein Star zu werden. Das könnte sich mit seiner ersten Retrospektive nun ändern. Verdient hätte er es. Und das Selfie ist schon mal im Sack.

Always on the run

Always on the run

Informationen

Die Ausstellung zeigt 220 Exponate von Lindbergh. Es handelt sich fast ausschließlich um Schwarzweißfotografien. Auf Show-Effekte verzichtet Kurator Thierry-Maxime Loriot fast vollständig – erst im letzten Raum sind einige Fotos auf transparente Tücher aufgezogen. Die Ausstellung »Peter Lindbergh – A different Vision of Photography« ist bis zum 12. Februar 2017 in der Kunsthal Rotterdam (Di–Sa 10–17Uhr, So ab 11 Uhr) zu sehen. Der Eintritt kostet 12 Euro. Anschließend zieht die Schau in die Kunsthalle München weiter.

Thierry-Maxime Loriot übrigens hat auch die Retrospektive über Jean Paul Gaultier kuratiert – und auch die habe ich während ihrer ersten Station gesehen. Das war 2010 in Montreal, wo der Kurator herkommt.

Der Katalog zur Ausstellung ist bei Taschen erschienen und kostet 59,99 Euro. Es ist ein großformatiges Kompendium mit mehr als 500 Seiten, das jedes Kind der 90er auf dem Kaffeetisch liegen haben sollte – oder wenigstens im Bücherschrank.

Weitere Informationen über die Kunststadt Rotterdam unter #rotterdamART

Text und Bilder: Ralf Johnen, September 2016

 

Kulturhauptstadt Leeuwarden-Friesland 2018. Bild: Frida van Dongen

48 Stunden Kulturhauptstadt 2018 Leeuwarden

Leeuwarden. Die meisten geraten schon bei der Aussprache des Ortsnamens ins Stolpern. Doch sollte einem der Namen der Hauptstadt der Provinz Friesland bald locker von der Zunge gehen. Denn Leeuwarden ist 2018 Kulturhauptstadt Europas. Nach der Eröffnungsfeier im Januar 2018, die 40.000 Gäste sowie König Willem-Alexander und Königin Maxima anlockte, erwarten Besucher der 108.600 Einwohner zählenden, von Gassen und Kanälen durchzogenen mittelalterlichen Stadt ein abwechslungsreiches Kulturprogramm.

Ganz Friesland schien bei der Eröffnung des Kulturhauptstadtjahres auf den Beinen. Bild: Frida van Dongen

Ganz Friesland schien bei der Eröffnung des Kulturhauptstadtjahres auf den Beinen. Bild: Frida van Dongen

48 Stunden Kulturhauptstadt Leeuwarden: Check-in in der Poststation

12 Uhr: Ankunft am Bahnhof von Leeuwarden. Wir treten nach draußen und werden in den Bann des ersten Kunstwerks der Kulturhauptstadt gezogen: ein Springbrunnen in Form von zwei sieben Meter großen Köpfen eines Jungen und eines Mädchens, die sich ab Mai 2018 von feinem Nebel umwölkt anblicken. „Love“ hat der Künstler Jaume Plensa dieses Kunstwerk getauft, dass von nun an das Eingangstor zur Stadt bildet. Insgesamt 11 dieser neuen Springbrunnen werden ab Mai 2018 in den elf friesischen Städten stehen.

Einer der 11 Springbrunnen steht vor dem Bahnhof von Leeuwarden. Bild: Frida van Dongen

Einer der 11 Springbrunnen steht vor dem Bahnhof von Leeuwarden. Bild: Frida van Dongen

12.15 Uhr Wir schlendern ein paar Minuten durch Leeuwarden und gelangen zum Hotel Post Plaza. Bei dem 1908 erbauten Gebäude handelt es sich um die ehemalige Hauptpost, obwohl man angesichts des Tonnengewölbes auch einen Sakralbau vermuten könnte. Überall in dem Haus und den geschmackvoll eingerichteten Gästezimmern finden sich kleine Hinweise auf die Vergangenheit: gekachelte Briefmarken etwa oder großformatige Poststempel.

Hier findet ihr unsere Hotel-Kritik: Hotel Post Plaza

Das Grand Café im Post-Plaza Hotel. Bild: Frida van Dongen

Das Grand Café im Post-Plaza Hotel. Bild: Frida van Dongen

48 Stunden Kulturhauptstadt Leeuwarden: Schiefes Wahrzeichen

13 Uhr Nach dem Check-in und einer kurzen Verschnaufpause trinken wir in dem zum Hotel gehörenden, kathedralenartigen Grand Café noch einen koffie verkeerd und machen uns dann auf zum Wahrzeichen Leeuwardens: dem schiefen Turm Oldehove.

Der schiefe Turm Oldehove in Leeuwarden. Foto: Frida van Dongen

Der schiefe Turm Oldehove in Leeuwarden. Foto: Frida van Dongen

13.30 Uhr Bereits zu Beginn der Bauarbeiten im Jahre 1529 begann sich der Turm Oldehove zu neigen. Heute macht er dem schiefen Turm von Pisa (fast) Konkurrenz. Wir erklimmen den Turm im Vertrauen darauf, dass er noch eine Weile stehen bleiben möge und genießen den Blick auf das mittelalterliche Zentrum von Leeuwarden.

Die schmucke Innenstadt von Leeuwarden, Bild: Theo de Witte

Die schmucke Innenstadt von Leeuwarden. Bild: Theo de Witte

14.30 Uhr Zum späten Lunch bummeln wir zum Wilhelminaplein, wo jeden Freitag von 9 bis 17 Uhr ein Markt stattfindet. Dort reihen sich auch einige Restaurants und Cafés aneinander, unser Ziel ist das Bistro Fellini, wo es ausgezeichnete Sandwiches und natürlich auch süßes Naschwerk gibt.

Naschwerk mit dem Logo der Kulturhauptstadt Leeuwarden-Friesland. Bild: Frida van Dongen

Naschwerk mit dem Logo der Kulturhauptstadt Leeuwarden-Friesland. Bild: Frida van Dongen

48 Stunden Kulturhauptstadt Leeuwarden: Im modernen Fries Museum

15.30 Uhr Derart gestärkt, gehen wir die paar Schritte zum Fries Museum. Der moderne Bau aus dem Jahre 2013 geht auf den friesischen Architekten Abe Bonnema zurück. Als er 2001 starb, hinterließ er dem Museum 18 Millionen Euro – unter der Maßgabe, dass der Neubau nach seinen Plänen gestaltet werden würde. Inzwischen haben sich die Friesen wohl an den gläsernen Fremdkörper im historischen Zentrum gewöhnt. Das Museum erzählt auf unterhaltsame, moderne Art und Weise die Geschichte Frieslands und seiner Bewohner, darunter der Grafiker M.C. Escher und natürlich Mata Hari. Der berühmten Spionin und verführerischen Tänzerin werden wir uns später ausführlicher widmen.

Hier findet ihr weitere Infos über das Fries Museum: Fries Museum

Im Fries Museum in Leeuwarden wird auch die Geschichte Mata Haris erzählt. Bild: Frida van Dongen

Im Fries Museum in Leeuwarden wird auch die Geschichte Mata Haris erzählt. Bild: Frida van Dongen

48 Stunden Kulturhauptstadt Leeuwarden: Zum Abendessen in den Knast

17 Uhr So viel Kultur macht durstig, und so halten wir es wie die Friesen und finden uns in einer der diversen Kneipen zu einem typisch niederländischen Borrel ein. Ein frisch gezapftes Bierchen dazu ein paar „lekkere“ Bitterballen und zum Abschluss einen friesischen Beerenburg – da sagen wir doch: Prost!

Meistens gut besucht: das Restaurant Proefverlof . Foto: Jantina_Talsma

Meistens gut besucht: das Restaurant Proefverlof . Foto: Jantina_Talsma

19.30 Uhr Nach einer kleinen Kunstpause machen wir uns auf – in den Knast! Das Abendessen nämlich nehmen wir im Restaurant „Proefverlof“ ein. Das ist ein Wortspiel und heißt sowohl „Auf Bewährung“ als auch (sehr frei) „zum Probieren“. In dem stets gut besuchten, manchmal daher etwas lauten Restaurant gibt es solide, gradlinige, regionale Küche. Wer danch die paar Schritte zum Post-Plaza nicht mehr schaffen sollte, könnte sich im neuen Hostel „Alibi“ einquartieren – die ehemaligen Zellen sind inzwischen hübsch ausstaffiert, aber zu bezahlbaren Tarifen buchbar.

Einchecken im Knast: das neue Hostel Alibi in Leeuwarden. Bild: Fryslan Marketing

Einchecken im Knast: das neue Hostel Alibi in Leeuwarden. Bild: Fryslan Marketing

Hier könnt ihr einen Blick aufs Menü von Proefverlof werfen: Dinner-Karte Proefverlof

48 Stunden Kulturhauptstadt Leeuwarden: 2. Tag, wir folgen Mata Hari

10 Uhr Nach einer geruhsamen Nacht im Hotel Post Plaza genehmigen wir uns ein reichhaltiges Frühstück in der ehemaligen Hauptpost, vielleicht sogar mit echtem friesischen Zuckerbrot?

11 Uhr Mit dieser Grundlage treffen wir uns mit unserem Guide, um auf den Spuren der bislang wohl berühmtesten Friesin zu wandern: Mata Hari. Die auf den bürgerlichen Namen hörende Margaretha Geertruida Zelle wurde am 7. August 1876 in Leeuwarden geboren und als verurteilte Doppelspionin am 15. Oktober 1917 in Vincennes, Frankreich, hingerichtet. In ihrem kurzen, bewegten und teilweise tieftraurigen Leben war Mata Hari zeitweise eine Berühmtheit von Weltrang und verdrehte Männern als exotische Tänzerin reihenweise den Kopf. In ihrer Geburtsstadt Leeuwarden kann man auf einer Führung auf ihren Spuren wandeln und beispielsweise ihr Geburtshaus sehen oder eine Mata Hari-Statue bewundern, die an einem der Kanäle steht.

Begehrtes Objekt: Mata Hari stammte aus Leeuwarden. Bild: Frida van Dongen

Begehrtes Objekt: Mata Hari stammte aus Leeuwarden. Bild: Frida van Dongen

13.30 Uhr Und, habt ihr jetzt auch ein kleines Mittagstief? Dann ab zu Fruitbar Sis im Zentrum von Leeuwarden: hier gibt es nicht nur nahrhafte Smoothies, Salate und Sandwiches, einiges auch vegan. Man könnte hier sogar einen kompletten Detox-Tag einlegen und sich alle Mahlzeiten zum Entgiften hier bestellen…

48 Stunden Kulturhauptstadt Leeuwarden: ein Museum für die Sprache

14.30 Uhr Wir sind aber nicht zum Wellness-Urlaub hier, sondern um die Kulturhauptstadt Leeuwarden zu erkunden. Und weil wir schon gehört haben, dass Friesisch eine eigene Sprache ist, bietet sich ja das neue Sprachenmuseum an, das sich direkt an dem Platz befindet, wo sich der schiefe Turm Oldehove zur Seite neigt. Das Feiern der eigenen Sprache in einem Freistaat – das ist der Ausgangspunkt von „Lân fan taal“. In dem Neubau soll die Vielseitigkeit von Sprache spielerisch aufgezeigt werden. Man kann hier viel ausprobieren, sprechen, zuhören. Manchmal stimmt das einen nachdenklich, manchmal muss man lachen. Gutes, erfrischendes Konzept!

Das neue Sprachenmuseum der Kulturhauptstadt Leeuwarden. Foto: Frida van Dongen

Das neue Sprachenmuseum der Kulturhauptstadt Leeuwarden. Foto: Frida van Dongen

15.30 Uhr Etwas leichtere Kultur gefällig? Wie wär’s mit einer kleinen Shopping-Einheit?  Natürlich gibt es in Leeuwarden die üblichen Ketten in der Einkaufszone, unter anderem einen der ersten C&A’s Europas. Aber wer einen Schlenker, z.B. in die Kleine Kerkstraat, macht, entdeckt hier mehr als 30 kleine, unabhängige Läden. Die Straße wurde 2010 zur schönsten Einkaufsstraße der Niederlande gekürt.

17 Uhr Leute, ihr seid schon einen Tag in Holland, was kommt jetzt? Genau, der Borrel! Schnell eine Kneipe aufsuchen, vor der die Leute mit ihren Gläsern stehen, und einfach dazugesellen. „Gezellig“, sagen die Holländer dazu!

Prost auf Mata Hari und die Kulturhauptstadt Leeuwarden-Friesland! Foto: Frida van Dongen

Prost auf Mata Hari und die Kulturhauptstadt Leeuwarden-Friesland! Foto: Frida van Dongen

48 Stunden Kulturhauptstadt Leeuwarden: Ins Bett oder ins Theater? 

18.30 Uhr Wir sind ein bisschen ermattet und begeben uns zum frühen Abendessen in unser Post-Plaza-Hotel. Das Abendessen dort ist gut und reichhaltig und der Weg ins Bett nicht weit.

20 Uhr Wer aber noch Energie verspürt, kann sich 2018 noch Programmpunkte aus dem übervollen Kalender der Kulturhauptstadt Leeuwarden genehmigen. Im September zum Beispiel wird das Schauspiel „Der Schimmelreiter“ auf die Bühne gebracht, vielen noch aus dem Deutsch-Unterricht bekannt, hier aufgeführt mit echten friesischen Pferden. Oder man besucht vom 4. bis 8. Oktober die „Friesischen Tanztage“, bei denen Mittanzen ausdrücklich erwünscht ist – zumindest teilweise.

Lekker Sliepe im Post-Plaza Hotel in Leeuwarden. Foto: Frida van Dongen

Oder doch ins Bett? “Lekker Sliepe” im Post-Plaza Hotel in Leeuwarden. Foto: Frida van Dongen

48 Stunden Kulturhauptstadt Leeuwarden: am 3. Tag ins Keramikmuseum  

Wer nicht bis in die Puppen getanzt hat, ist auch wieder früh fit, nicht wahr? Deshalb gehen wir nach dem Frühstück auch schnellen Schrittes durch die noch stille Innenstadt von Leeuwarden.

Das Museum Keramiek in Leeuwarden war das Geburtshaus des genialen Grafikers M.C. Escher. Bild: Frida van Dongen

Das Museum Keramiek war das Geburtshaus des genialen Grafikers M.C. Escher. Bild: Frida van Dongen

10 Uhr Wir sind pünktlich zur Öffnung im Museum Keramiek, dem Keramikmuseum, zugleich Geburtshaus des genialen Grafikers M.C. Escher. Wer bei Keramik an etwas dröge Töpfertassen denkt, wird hier belehrt: das Museum krempelt das Image um und zeigte mit Ausstellungen wie „sexy ceramics“, dass es Tiegelchen und Töpfchen aus dem alten China gibt, die den ein oder anderen Besucher leicht erröten lassen.

Zerbrechliche Erotik: "Sexy Ceramics" war eine Ausstellung betitelt. Bild: Frida van Dongen

Zerbrechliche Erotik: “Sexy Ceramics” war eine Ausstellung betitelt. Bild: Frida van Dongen

12 Uhr Es ist Zeit, Abschied zu nehmen von der Kulturhauptstadt Leeuwarden. Mit vielen Eindrücken und ein paar Spezialitäten im Gepäck, spazieren wir zurück zum Bahnhof. Oant sjen – auf Wiedersehen!

Auf Wiedersehen in der Kulturhauptstadt Leeuwarden-Friesland 2018. Bild: Frida van Dongen

Auf Wiedersehen in der Kulturhauptstadt Leeuwarden-Friesland 2018. Bild: Frida van Dongen

Weitere Informationen zum Programm der Kulturhauptstadt: Leeuwarden-Friesland 2018

Bild: Frida van Dongen

Neues Museum Voorlinden: Kunst mit Swimmingpool

Mit zwei Themen machte das Museum Voorlinden in Wassenaar Furore, als es am 10. September 2016 von König Willem-Alexander eröffnet wurde: das eine war die Installation „Swimming Pool“ des Argentiniers Leandro Erlich (1973). Das Kunstwerk spielt mit der optischen Täuschung, dass die Museumsbesucher auf dem Grunde eines gefüllten Schwimmbeckens wandeln. Und das zweite Thema war der Museumsdirektor: Wim Pijbes, als langjähriger Chef des Rijksmuseums in Amsterdam selbst ein Star der Kunstwelt, hatte das weltberühmte Rijksmuseum verlassen, um für das vergleichsweise kleine, nagelneue und daher noch vollkommen unbekannte Ausstellungshaus zu arbeiten.

Ein moderner, lichtdurchfluteter Bau: das Museum Voorlinden in Wassenaar. Bild: Frida van Dongen

Nun, Wim Pijbes ist schon lange wieder weg – ein paar Wochen nach der umjubelten Eröffnung trat er als Direktor zurück. Differenzen mit dem Initiator und Besitzer des Museums, Joop van Caldenborgh, sollen der Grund gewesen sein. Doch der „Swimming Pool“ von Leandro Erlich ist immer noch dort – und lockt massenhaft auch solche Besucher ins Museum Voorlinden, die normalerweise mit moderner Kunst nicht so viel anfangen können.

Der Gründer des Museums Voorlinden, Joop van Caldenborgh (M.), bei der Eröffnung. Bild: Frida van Dongen

Aus Platzmangel Museum Voorlinden gegründet

Kunstsammler Joop van Caldenborgh wird es freuen. Der äußerst vital wirkende 70-plusser verneinte bei der Eröffnung 2016, dass es sich bei seinem Museum um die Erfüllung des vielfach bemühten „Lebenstraumes“ handele. Vielmehr habe er nach rund fünf Jahrzehnten Sammelleidenschaft moderner und zeitgenössischer Kunst – von Jeff Koons, David Hockney, Damien Hirst, Ai Weiwei, Andre Kertesz und Man Ray bis hin zu Richard Serra und James Turrell – schlichtweg keine freien Wände mehr gehabt. Na, dann muss doch ein Museum her!

Das historische Anwesen Voorlinden in Wassenaar. Foto: Frida van Dongen

Lichtdurchflutetes Gebäude

Van Caldenborgh hat es also bauen lassen, auf seinem Landgut Voorlinden im noblen Den Haager Vorort Wassenaar. Der Kunstsammler, der mit einem Chemieunternehmen reich wurde, hatte dort schon lange zuvor einen Skulpturengarten angelegt. Und nun also beherbergt das moderne, lichtdurchflutete Gebäude nicht nur  Wechselausstellungen zu moderner und zeitgenössischer Kunst, sondern auch dauerhaft zu sehende Werke.

Hauptattraktion in Voorlinden ist sicherlich “Swimming Pool” von Leandro Erlich. Foto: Frida van Dongen

Neben „Swimming Pool“ sind Höhepunkte der Dauerausstellung sicherlich das Werk „Couple under an Umbrella“ des Australiers Ron Mueck (1958): ein überdimensionales, hyperrealistisch dargestelltes Paar, das sich am Strand unter einem Sonnenschirm auszuruhen schein; oder „Skyspace“, für das der Amerikaner James Turrell (1943) einen kompletten Raum im Museum Voorlinden gestaltete, der im Dach eine Öffnung hat – und durch die es reinregnet oder die Sonne hineinscheint.

Aber auch “Couple under an Umbrella” von Ron Mueck ist beliebt. Foto: Frida van Dongen

Erreichbarkeit von Museum Voorlinden noch ausbaufähig

Das Ausstellungshaus ist leider (noch) nicht perfekt angebunden: während man das Anwesen mit dem Auto gut erreicht, gestaltet sich die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln etwas holprig. Von Den Haag Centraal und Leiden Centraal kann man den Bus Nr. 43 und 44 zur Haltestelle Wittenburgerweg Wassenaar nehmen. Von dort muss man aber noch etwa 15 Minuten zu Fuß gehen. Nach dem Spaziergang entlang von Alleen wird man aber belohnt: mit moderner, inspirierender Kunst, einem großen Landschaftspark und auch einem Restaurant im historischen Landsitz Voorlinden.

“Untitled” ist die Installation eines Mini-Aufzuges von Maurizio Cattelan (1960) im Museum Voorlinden. Foto: Frida van Dongen

Museum Voorlinden, Buurtweg 90, 2244 AG Wassenaar, Tel.: 0031 (0)705121660, geöffnet täglich von 11 bis 17 Uhr, Erwachsene zahlen 15 Euro, Kinder von 13 bis 18 Jahren 7,50 Euro, bis 12 Jahre ist der Eintritt frei.

Museum Website; noch mehr Informationen über Den Haag findet ihr hier bei uns auf dem Blog: Den Haag bei Grachtenundgiebel

Die Deltawerke: Ein Weltwunder gegen das Wasser

Wohl kaum an einem anderen Ort wird die Beziehung der Niederländer zum Wasser so deutlich wie in den Deltawerken und dem dazugehörigen Wasserpark Neeltje Jans in Zeeland. Man lebt mit und kämpft gegen das Wasser. Nach der verheerenden Sturmflut von 1953, der in den Niederlanden 1835 Menschen zum Opfer fielen, beschloss man den Bau der Deltwerke. Das Sturmflutwehr in der Oosterschelde ist weltweit einzigartig.

Die Deltawerke in Zeeland gelten als technisches Weltwunder. Bild: Frida van Dongen

Wer auf der Brücke über einem der mächtigen Stahltore der Deltawerke steht und hinunter blickt auf das tosende Wasser, den ergreift Ehrfurcht. Von Menschenhand wurden die Deltawerke mitten in die tobende See gebaut. Mit Toren, die bei Gefahr die Oosterschelde komplett vom Meer abriegeln können, die aber im Normalfall soviel Meereswasser wie möglich durchlassen, um die Zufuhr in den Meeresarm Oosterschelde zu garantieren – wodurch dieses eines der saubersten Gewässer Europas ist. Zudem fungiert die auf dem Wehr errichtete Straße als Verbindung zwischen den Inseln Schouwen-Duiveland und Noord-Beveland. Man kann nur staunen über eines der größten Bauprojekte der Welt, das am 4. Oktober 1986 nach acht Jahren Bauzeit und Gesamtkosten von umgerechnet 2,5 Milliarden Euro durch die damalige Königin Beatrix eröffnet wurde.

Ein pensionierter Ingenieur erklärt Besuchern das Sturmflutwehr in Zeeland. Bild: Frida van Dongen

Die Deltawerke als Pilgerort für Ingenieure

Noch heute kommen Fachleute aus aller Welt, um sich das technische Wunderwerk anzusehen. Eine Besonderheit ist sicherlich auch, dass Touristen die Deltawerke von Innen und Außen besichtigen können. In einer anschaulich gestalteten Ausstellung werden die Beweggründe für den Bau nach der Sturmflut von 1953 dargestellt, ebenso wie die Planungen und die Umsetzung des geradezu wahnwitzig anmutenden Projektes. Ergänzt wird der interessante Rundgang durch verschiedene Filme. Fachkundige Führer, oftmals pensionierte Ingenieure, bieten Führungen auch in deutscher Sprache an.

Spaß mit den Meeresbewohnern im Deltapark Neeltje Jans. Bild: NBTC

Das viele Wasser macht auch Spaß!

Während die Deltawerke den Kampf der Niederländer gegen das Wasser eindrucksvoll veranschaulichen, zeigt der Wasserpark „Neeltje Jans“, wie Wasser auch Spaß machen kann. Auf dem an die Deltawerke angrenzenden Gelände befindet sich der Vergnügungspark mit einem Wasserspielplatz, wo junge Besucher ihren eigenen Wasserfall kreieren, den Lauf eines Bachs verlegen, Schleusen bedienen, Wasser mit einer Tretmühle wegpumpen oder einfach nur eine lange Wasserrutsche hinunter gleiten können.

Bollwerk gegen die Wassermassen der Nordsee: die Deltawerke in Zeeland. Bild: NBTC

Eigene Miesmuschelzucht

Neben dem Wasserspielplatz gibt es ein Aquarium sowie Vorführungen mit Robben, Seelöwen und Raubvögeln. Darüber hinaus starten von „Neeltje Jans“ aus Bootstouren auf der Oosterschelde, bei denen die Passagiere zuweilen sogar Schweinswale und Robben sichten können. Nicht zuletzt weist eine Muschelausstellung auf die Bedeutung der Meeresfrüchte für Zeeland und die Verwendung der Miesmuscheln in der Küche, in der Medizin und sogar in der Kosmetikindustrie hin. Übrigens befindet sich in direkter Nachbarschaft zum Wasserpark das gleichnamige Muschelzuchtunternehmen. Neeltje Jans bewirtschaftet Muschelparzellen in der Oosterschelde und dem Wattenmeer und ist damit der größte Zuchtbetrieb für Hangmuschelkulturen in den Niederlanden.

Vom Wasser geprägt: die niederländische Provinz Zeeland mit der Zeelandbrug. Bild: Frida van Dongen

Ab in die Orkanmaschine!

Seit 2003 können abenteuerlustige Besucher des Wasserparks Neeltje Jans die Kraft des Windes in einem Orkansimulator am eigenen Leibe erfahren. Sobald man das eigenartige, kokon-förmige Gebäude betreten hat, muss man sich eine Schutzbrille anziehen. Dann geht es ganz langsam los: ein laues Lüftchen weht, das sich aber innerhalb von Sekunden zu einem tosenden Sturm steigert – bis einem der Wind mit 133 Stundenkilometern um die Ohren pfeift. Ein beeindruckendes Erlebnis, das Jung und Alt die Notwendigkeit für ein Sturmwehr mit Windgeschwindigkeit veranschaulicht. Ein Video davon ist momentan bei der “Holland Challenge” zu sehen: Holland Challenge Orkan-Simulator

Info und Adressen

Deltapark Neeltje Jans, 1. April bis 29. Oktober, tägl. 10–17 Uhr, Hochsaison 10–18 Uhr, Tagestickets Erwachsene 22,50, Kinder 16,50 Euro, Familienticket,  Faelweg 5, 4354 RB Vrouwenpolder, 0111/65#56#55, Neeltje Jans

Lekker Sliepe im Post-Plaza Hotel in Leeuwarden. Foto: Frida van Dongen

Postwendend verliebt ins Post-Plaza Hotel

Ist das nun eine Kirche oder ein altes Postamt? Wir rätseln, als wir im Grand Café in Leeuwarden sitzen, das zum 2015 eröffneten Post-Plaza Hotel gehört. Wer heutzutage an den lieblosen, in die hinterste Ecke eines Kiosks gepferchten Schaltern steht, um sich seine Amazon-Pakete entgegenschleudern zu lassen, vermag sich nicht vorzustellen, dass Poststellen vielleicht einmal so ausgesehen haben: ein monumentaler Saal, in dem kathedralenartige Säulen in ein filigran gearbeitetes, hölzernes Gewölbe wachsen.

Das Grand Café im Post-Plaza Hotel in Leeuwarden. Bild: Frida van Dongen

Das muss doch eher ein Gotteshaus gewesen sein? Die Wahrheit, sie liegt irgendwo in der Mitte. In dem 1908 erbauten Hause wurden zwar nur irdische Briefe bearbeitet, die Geschichte eines Gebäudeteils aber reicht bis 1885 zurück, und damals wurden in dem Kloster vielleicht durchaus auch himmlische Botschaften übermittelt…

Wohlfühlfaktor

Schon beim Eintritt fühlt man sich „wolkom“, wie die Friesen in ihrer eigenen Sprache sagen. Willkommen, weil man eines der insgesamt 42 Zimmer durch die großzügige Lobby, oftmals aber auch durch das bereits erwähnte Grand Café betritt. Es ist ein Geheimnis der Niederländer, wie sie ein edles Ambiente schaffen, das doch zugleich so relaxt rüberkommt, dass sich niemand eingeschüchtert fühlen muss.

Kleine Details erinnern an die Geschichte des Hauses. Foto: Frida van Dongen

Dieser Eindruck setzt sich in meinem Zimmer fort: es ist modern und gradlinig eingerichtet, für Gemütlichkeit sorgen antike (und nicht auf „alt“ getrimmte!) Möbel wie etwa ein wuchtiger Kleiderschrank. Das Bett ist breit und bequem, mit einer Bordüre, die auf Friesisch, Niederländisch und Englisch eine angenehme Nachtruhe wünscht.

Endlich mal keine Plastikbecher…Frida freute sich!

Ihr werdet schmunzeln, aber zwei Details begeisterten mich besonders: anders als in vielen anderen (guten) Hotels verwendet man im Post-Plaza statt grässlicher eingeschweißter Plastikbehälter feine Gläser als Zahnputzbecher. Und – für mich ein Grund für spontanen Jubel – in der minimalistischen Dusche findet sich doch glatt eine Ablage für meine lotions & potions! Selten erlebt…

…und dann noch eine Ablage fürs Shampoo in der Dusche!

Die Besonderheit

Die für die Gestaltung des Post-Plaza Hotels verantwortliche Firma „Stars Design BV“ aus Rotterdam hat auf zwei Dinge Wert gelegt: die Geschichte des Hauses als Postamt widerzuspiegeln sowie die friesische Kultur einfließen zu lassen. So finden sich überall kleine Details wie etwa gekachelte Briefmarken im Waschbecken des WC oder Postsäcke am Buffet sowie eine Ode an den Briefträger.

Schöne Details erinnern an die Historie des Post-Plaza Hotels. Bild: Frida van Dongen

Eine alte niederländische Briefmarke ziert das Waschbecken im Post-Plaza. Foto: Frida van Dongen

Und ebenfalls entdecken die Gäste allerorts Bonmots auf Friesisch, das übrigens mitnichten ein Dialekt des Niederländischen, sondern eine eigenständige Sprache ist.

“Lekker Sliepe” im Post-Plaza Hotel in Leeuwarden. Foto: Frida van Dongen

Der ideale Gast

Du schickst Postkarten aus dem Urlaub? Du schätzt aber auch ein schnelles WLAN, damit du notfalls deine Postkarten schon mal bei den Lieben ankündigen kannst, weil du vergessen hast, sie einzuwerfen? Dann bist du der ideale Gast des Post-Plaza: jemand, der die Tradition zu schätzen weiß, aber eben auch mit der Zeit geht. Und nicht davor zurückschreckt, den Latte Macchiatto unter einem Plakat zu konsumieren, auf dem eine Dame mit gespreizten Beinen abgebildet ist…(dies natürlich auch eine Anspielung auf die Geschichte des Hauses, denn es ist das Filmplakat zu „Wenn der Postmann zweimal klingelt).

Das Grand Café mit einem nicht ganz jugendfreien Filmplakat…Foto: Frida van Dongen

Bewertung

9/10

Technische Daten

Das Post-Plaza Hotel liegt im Zentrum von Leeuwarden, der Hauptstadt der Provinz Friesland, übrigens 2018 Europäische Kulturhauptstadt. Es verfügt über 42 stilvoll eingerichtete Zimmer, vom Einzelzimmer bis hin zur Suite. Das Grand-Café steht selbstverständlich auch Besuchern ohne Zimmerschlüssel offen. Außerdem verfügt das Vier-Sterne-Haus über einen Fitnessraum sowie Sauna und Dampfbad. Zimmerpreise starten bei 72 Euro für das Einzelzimmer.

Post-Plaza Hotel Tweebaksmarkt 25-27, 8911 KW Leeuwarden, Niederlande, +31 (0)58 215 93 17, info@post-plaza.nl

www.post-plaza.nl

Frida van Dongen war auf Einladung von NBTC Holland Marketing im Post-Plaza Hotel. Ihre Begeisterung kam von alleine.

Verlosung: 5 Reiseführer Amsterdam zu gewinnen

17.642.600. So viele Touristen strömten im Jahre 2015 nach Amsterdam, Tagesbesucher noch gar nicht mitgezählt. Die Stadt ist voll, insbesondere in den Sommermonaten scheinen sich die Touristen im Grachtengürtel mit ihren Rollkoffern gegenseitig über die Füße zu rattern. Da fragt man sich schon ernsthaft, ob es noch eines weiteren Reiseführers bedarf, der auf die Schönheit der Grachtenstadt hinweist?

Der berühmte Grachtengürtel von Amsterdam – (fast) ohne Touristen, ausnahmsweise. Foto: Ralf Johnen

Unbekanntere Ecken in Amsterdam

Ich sage: Ja! Wenn es denn ein so gut gemachter Guide ist wie das Anfang 2017 erschienene Taschenbuch „Amsterdam DuMont Direkt“. Auf 120 luftig aufbereiteten Seiten nämlich geben die Autoren Susanne Völler und Jaap van der Wal nicht nur einen Überblick über die bekannten Touristenmeilen wie das UNESCO-Welterbe Grachtengürtel und den angrenzenden Jordaan. Sondern sie entführen auch in etwas abgelegenere Ecken, in denen sich das Lebensgefühl Amsterdams ebenfalls entfaltet, wo es aber längst nicht so überlaufen ist.

Das neue Kranhotel in Amsterdam-Noord. Foto: Frida van Dongen

Auf geht’s in den Westerpark

Dazu zählt zum Beispiel der beschauliche Westerpark mit seinem Kulturzentrum Westergasfabriek oder der Stadtteil Amsterdam Noord, der sich seit einigen Jahren vom Industriestandort zum hippen Designviertel mausert. Nicht zuletzt nehmen einen die Amsterdam-Kenner mit auf einen Spaziergang durch das jüdische Amsterdam – und verraten, warum der jüdische Spitzname Amsterdams „Mokum Aleph“ lautet, „die beste aller Städte“.

Neuer Amsterdam-Guide von DuMont, erschienen 2017. Foto: Frida van Dongen

Ein Kompass für Amsterdam

Der handliche Guide ist frisch und jugendlich in seiner Aufmachung. Übersichtlich gegliedert, enthält er 15 Stationen eines „Amsterdam-Kompass“ – je nach Neigung kann man die eine oder andere Richtung einschlagen. Serviceabschnitte wie „In fremden Betten“, „Satt und glücklich“ sowie ein herausnehmbarer Faltplan ergänzen das Angebot. Wir von grachtenundgiebel.de freuten uns vor allem, dass sich auch mal jemand der Baustil „Amsterdamer Schule“ in einem Reiseführer widmet. Dass der Guide mit einer Seite von O-Tönen aus Amsterdam schließt, ist eine lustige Idee – „hé, wat leuk“, sage ich da: ach, wie nett!

Verlosung

Gemeinsam mit dem DuMont Reiseverlag verlost grachtenundgiebel.de insgesamt fünf Reiseführer „Amsterdam DuMont Direkt“ von Susanne Völler und Jaap van der Wal im Wert von jeweils 11,99 Euro. Um zu gewinnen, müsst ihr nur in der Kommentarfunktion auf grachtenundgiebel.de angeben, wie der jüdische Spitzname für Amsterdam lautet. Wir verlosen unter allen richtigen Einsendern. Das Gewinnspiel läuft bis Sonntag, 18. Juni, 12 Uhr. Die Gewinnerin/der Gewinner wird anschließend per Email benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Wir wünschen viel Glück!

 

Radtour auf den Spuren von Rietveld

Dies ist eine Liebesgeschichte. Und sie beginnt mit dem Tod. Truus Schröder-Schräder hatte 1923 ihren Mann verloren, nun war die junge Frau allein mit ihren drei Kindern. Auf der Suche nach einer geeigneten Unterkunft bat die Witwe den befreundeten Architekten und Möbeldesigner Gerrit Rietveld um Hilfe. Als sich in Utrecht kein passendes Objekt finden ließ – Wohnungsmangel gab es also offenbar damals schon – schlug ihr Bekannter ihr kurzerhand einen Neubau vor. Im Laufe der Bauzeit verliebten sich die beiden Freunde ineinander. Gerrit Rietveld zog schließlich zu seiner Geliebten und blieb dort mit ihr bis zu seinem Tode 1964 wohnen. Das unkonventionelle Bauwerk, das Rietveld für seine Truus entwarf, ist heute weltberühmt und steht auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes.

UNESCO-Welterbe Rietveld-Schröder-Haus in Utrecht. Innenaufnahmen sind leider nicht gestattet. Bild: Frida

Das Rietveld-Schröder-Haus ist Weltkulturerbe

Wenn UNESCO-Welterbe auf dem Etikett steht, erwartet man etwas Monumentales, oder? So ging es mir jedenfalls, und deshalb war ich etwas enttäuscht, als ich das Rietveld-Schröder-Haus zum ersten Mal sah. Herangeklatscht an ein anderes, traditionell-niederländisches Backsteingebäude, etwas mickrig wirkend, auch noch brutal flankiert von der Autobahn. Doch dass dieses Konstrukt etwas ganz Besonderes ist, das erkannte natürlich auch ich auf den ersten Blick. Die strengen Linien. Das Kastenförmige. Die Farben Rot, Blau und Gelb an der „Fassade“, die durch große Fenster geprägt ist. Und zu der Autobahn muss man wissen, dass Truus und Gerrit ursprünglich freien Blick auf die weite Landschaft genossen – die Straße wurde erst viel später gebaut.

Ausgetüftelt bis in die letzte Ecke

Um die Genialität des Architekten zu begreifen, sollte man eine Audiotour durch das Rietveld-Schröder-Haus machen. Jede Ecke des Gebäudes atmet De Stijl und einen seiner berühmtesten Vertreter. Durchdacht ist das Haus bis in die letzte Ecke: mittels Schiebetüren lassen sich beispielsweise die einzelnen Räumlichkeiten im Obergeschoss in ein großzügiges Loft verwandeln; Klapptische an den Wänden wirken wie Prototypen modernen Möbeldesigns für raumsparende Lösungen – Ikea erscheint hier wie eine Raubkopie.

Diverse Rietveld-Häuser in Utrecht

Das Rietveld-Schröder-Haus ist Höhepunkt einer De Stijl-Radtour, die Utrecht eigens für das Themenjahr 2017 „Von Mondrian bis Dutch Design“ aufgelegt hat. Es ist wahrlich nicht so wie bei mancher Thementour, dass die Initiatoren verzweifelt irgendwelche Punkte zusammengesucht hätten, die irgendwie an Rietveld erinnern. Vielmehr finden sich auf der 9 Kilometer langen Route noch viele bedeutende Spuren des großen Designers und Architekten in Utrecht.

An der ehemaligen Werkstatt ist ein Foto von Riteveld (Mitte, sitzend) & Mitarbeitern angebracht.

An seiner  ehemaligen Werkstatt etwa ist ein großformatiges Foto des Künstlers im Kreise von Mitarbeitern zu sehen, darüber hinaus bestehen noch diverse Häuser, die unverkennbar Rietvelds Handschrift tragen.

Typisch Rietveld: einer seiner Entwürfe in Utrecht wird von einem Arhcitekten bewohnt. Bild: Frida van Dongen

Themenjahr 2017: “Von Mondrian bis Dutch Design”

Selbstverständlich sollte man im Themenjahr „Von Mondrian bis Dutch Design“ das Centraal Museum in Utrecht besuchen. Das Ausstellungshaus beherbergt ohnehin eine umfangreiche Rietveld-Sammlung – darunter sein berühmter Stuhl. Bis zum 11. Juni ist dort aber noch dazu die Ausstellung „Rietvelds Meisterwerk“ zu sehen, welche sein Oeuvre in das Gesamtwerk der De Stijl-Gruppe einordnet. Spaß macht die Ausstellung obendrein: unter anderem kann man in einem naturgetreuen Model des Rietveld-Stuhles Platz nehmen und selbst beurteilen, ob man das Möbelstück nun bequem oder eher etwas fürs Museum findet.

Geburtshaus Mondrians ist nun modernes Museum

Wer noch immer nicht genug hat von De Stijl, sollte ins gut 20 Kilometer entfernte, sehenswerte Städtchen Amersfoort radeln – dem Geburtsort von Piet Mondriaan, dem wohl berühmtesten Mitglied der Künstlergruppe. Hier wurde im März 2017 Mondrians Geburtshaus als modernes Museum wiedereröffnet.

Das “Pariser Atelier” Mondrians wurde in Amersfoort originalgetreu nachgebaut.

Neben einem originalgetreuen Nachbau seines „Pariser Ateliers“ sind hier Spielereien wie eine Videoproduktion zu sehen, die Mondrian bei Kochen zeigt. Ein Journalisten-Kollege fand das geschmacklos, ich fand es witzig. Vielleicht bin ich ein wenig zu verspielt. Mit hat auch eine Musik-Video-Komposition des Museums gefallen, die mit den verschiedenen Epochen Mondrians und den passenden Musikströmungen spielt. Darüber hinaus kann man aber auch ganz klassische Ausstellungsstücke zu Piet Mondrian und seinem Leben betrachten.

Weitere Informationen: ThemenjahrMondrian

Zu Gast im Grachtenhaus bei holländischen Meistern

Das Hotel

Geben wir es zu: wer von uns hat noch nicht sehnsüchtig den Hals gereckt, um in Amsterdam in ein Grachtenhaus zu spinksen? Sich vorgestellt, wie es wohl sein möge, selbst in einem der 400 Jahre alten Herrenhäuser zu residieren, abends bei einem Gläschen auf die Keizersgracht zu schauen – und sich dabei über die vorbeiziehenden Touristen zu echauffieren? Nun, wir hatten kürzlich das Vergnügen: als Gäste der „Dutch Masters“ lebten wir einen Tag und eine Nacht ganz so wie Amsterdamer Großbürger des Goldenen Zeitalters. Wir hingen vor den Fenstern, auf dass uns jemand bewundernd zulächle. Wir testeten das Echo in den gefühlt sieben Meter hohen Räumen. Hingen auf dem Sofa, blickten uns um und seufzten: zo mooi!

Blick auf das Grachtenhaus der “Dutch Masters” an der Keizersgracht in Amsterdam. Foto: Dutch Masters

Dutch Masters sind neun Luxusappartements in einem Herrenhaus aus dem Jahre 1687, gelegen an der Keizersgracht in Amsterdam. Sie haben wahlweise Blick auf den Kanal oder in den Grachtengarten. Als wäre dies nicht genug, sind die Unterkünfte jeweils nach einem niederländischen Meister benannt – und auch dementsprechend gestaltet. Wir logierten im Vermeer-Appartement, und das „Mädchen mit dem Perlenohrring“ wachte Tag und Nacht über uns.

Im Schlafgemach wacht Vermeers “Mädchen mit dem Perlenohrring” über uns. Foto: Frida van Dongen

Wohlfühlfaktor

Das herrschaftliche Ambiente des Goldenen Zeitalters und der Komfort der Moderne: hier gehen sie eine höchst angenehme Allianz ein. Die Küche in unserem Vermeer-Gemach hätte nicht nur das „Milchmädchen“ des Künstlers in Verzückung versetzt: mit allen Annehmlichkeiten ausgestattet, könnte man sich hier wahre Festmahle zubereiten. Aber in der Nachbarschaft gibt es so viele Restaurants, dass wir die Töpfe im Schrank stehen ließen. Wohl aber gönnten wir uns nach einer geruhsamen Nacht – in völliger Stille, weil das Schlafzimmer nach hinten gelegen ist – ein „lekkeres“ holländisches Frühstück: mit Hagelslag und komijne kaas.

Herrschaftlicher Wohlfühlfaktor und moderner Komfort vereint im Grachtenhaus. Foto: Frida van Dongen

Die Besonderheit

Die neun Appartements sind nicht nur nach verschiedenen niederländischen Meistern benannt, sie sind auch im Stil des jeweiligen Künstlers ausgestattet. Während im Vermeer-Schlafzimmer ein überdimensionales „Mädchen mit dem Perlenohrring“ über unserem Bett wachte, ist das Van-Gogh-Domizil in den leuchtenden Farben gestaltet, die der Meistermaler so liebte. Darüber hinaus hat jenes Appartement direkten Zugang zum malerischen Garten. Weitere vertretene Künstler sind Frans Hals, Hieronymus Bosch, Herman Brood, Willem de Koning, Rembrandt van Rijn, Karel Appel und natürlich Piet Mondriaan, dessen Festjahr die Niederlande 2017 feiern.

Das Herman Brood-Appartement der “Dutch Masters”. Foto: Dutch Masters

Der ideale Gast

Kunstsinnige Möchtegern-Amsterdamer – mit gutgefülltem Geldbeutel. Denn die noblen Unterkünfte haben Ihren Preis: Mindestens für sieben Nächte muss man buchen, ab 1272,60 Euro sind dafür in der Nebensaison  zu berappen. Gemessen an dem, was geboten wird sowie im Kontext der gesalzenen Amsterdamer Hotelpreise ist das aber in Ordnung. Zumal manche Appartements sogar für vier Personen ausgerichtet sind (aber deren Preis ist auch höher).  Für 30 Tage kostet das Vermeer-Apartment übrigens „nur“ 2310 Euro, das ist dann wirklich ein Schnäppchen für Glückspilze, die vier Wochen in der Grachtenstadt verweilen können.

Blick ins Van Gogh-Appartement mit Zugang zum Grachtengarten. Foto: Dutch Masters

Bewertung

9/10

Technische Daten

Dutch Masters Amsterdam, neun Appartements, Kontakt: Dutch Masters Office, Keizersgracht 535, 1017 DP Amsterdam, T : +31 (0)20 330 9000, M:+31(0)610205504, E : info@dutch-masters.com, E : amsterdam@dutch-masters.com, http://en.dutch-masters.com.

Frida van Dongen verbrachte auf Einladung der Dutch Masters goldene Stunden im Vermeer-Appartement. Ihre Begeisterung kam von alleine.

 

Im Tulpenwahn zum Keukenhof

Eine Anleitung zum Besuch des berühmten Blumenparks Keukenhof.

Ich habe die Niederländer schon immer für eine besondere Gabe bewundert: nämlich Dinge als „urniederländisch“ verkaufen zu können, die mit dem sich so unschuldig gebenden, kleinen Nachbarland ursprünglich nichts, aber auch rein gar nichts zu tun hatten.

Das berühmte „Delfter Blau“? Ein Fake! Billige Vasen aus Ton, die teuerstes chinesisches Porzellan imitierten, weil man es damals in Europa noch nicht herzustellen wusste. Die berühmten „dikke fritjes“? Von den Nachbarn geklaut! Heute stehen in allen Metropolen der Welt „original holländische“ statt „belgische“ Frittenbuden. Und die Tulpe? Ist ja wohl der Gipfel! Denn selbstverständlich ist kein Polder hinterm Nordseeküstendeich der natürliche Lebensraum des Liliengewächses. Sondern die Berge des Nahen Ostens bis in die Türkei hinein. Von hier kam die Tulpe nach Europa, die Holländer fanden Gefallen an ihr, verfielen in einen Rausch, wurden ganz verrücktvölligvernarrtundüberdreht und dann… Ach, lassen wir das.

Tulpe Keukenhof

Ikone der Niederlande – aber einst aus der Türkei stammend. Foto: Keukenhof

Keukenhof: über eine Million Besucher aus aller Welt

Schauen wir uns doch lieber an, was die Niederländer heute Schönes anstellen mit den Tulpenzwiebeln, die sie den Turbanträgern (daher der Name) abgeluchst und zu ihrer eigenen Ikone gemacht haben. Und wo könnte man das schöner als im berühmten Keukenhof?  Das Gelände nennt sich „meistfotografierter Blumenpark der Welt“, was man kaum belegen, aber sicherlich noch weniger entkräften kann – wenn man allein die Horden Selfie-Stangen-bewaffneter Asiaten sieht, die sich dort tummeln. Über eine Million Touristen aus der ganzen Welt strömen Jahr für Jahr in den Keukenhof. Und das innerhalb weniger Wochen: dieses Jahr (2018) werden die Scharen nur vom 22. März bis zum 13. Mai Gelegenheit haben, die Blütenpracht zu bewundern.

Zu Besuch im Keukenhof. Bild: Ralf Johnen

Just posing…

Acht Wochen lang Tulpen-Vergnügen

Aber es ist ja auch einfach eine Wucht!  Jedes Jahr erblühen im Keukenhof rund sieben Millionen Blumenzwiebeln, verteilt über ein riesiges Areal mit Hügeln, Gewässern und – natürlich – einer Windmühle (die scheint übrigens ausnahmsweise tatsächlich eine urholländische Erfindung zu sein).

Windmühle im Keukenhof. Bild: Keukenhof

Die alte Windmühle erhebt sich über den Tulpenbeeten im Keukenhof. Foto: Keukenhof

Wie eine Mitarbeiterin des Parks verrät, werden die von Hoflieferanten gespendeten Zwiebeln mittels eines ausgeklügelten Systems gesetzt: so, dass sie zu unterschiedlichen Zeiten erblühen und damit sowohl den ersten Saisonbesuchern Vergnügen bereiten wie auch den letzten Gästen kurz vor Schließung des Parks. Wenn der Park im Mai dichtmacht, werden die Zwiebeln wieder aus dem Boden genommen, damit im Herbst der Zyklus von Pflanzen, Blüte und Ernte erneut beginnen kann.

Wasserspiele im Keukenhof. Bild: Ralf Johnen

Hübsch angelegt ist er, der Keukenhof. Foto: Ralf Johnen

Während der Saison ist es eine helle Freude, durch den Blumenpark zu spazieren. Man sollte möglichst während der Woche kommen, um dem Andrang zu entgehen. Und wenn man dann noch – wie wir vor einiger Zeit – das Glück im Gepäck und knallblauen Himmel hat, gibt es kaum etwas Schöneres als einen Tag im Keukenhof. 

Narzissen im Keukenhof. Bild: Frida van Dongen

Auch Narzis(T)(s)en gibt es im Keukenhof….Foto: Frida van Dongen

Wir hopsten über Steine durch einen Teich, rollten glucksend auf dem Rasen vor den bunten Beeten, schlenderten zwischen Skulpturen umher und flanierten durch den historischen Garten mit seinen alten Tulpenrassen.

Üppige Pracht im Keukenhof, auch bei den Skulpturen...Foto: Ralf Johnen

Üppige Pracht, auch bei den Skulpturen…Foto: Ralf Johnen

 

Mondrian-Gemälde aus Tulpen – das muss man den Keukenhof-Gärtnern mal nachmachen. Foto: Keukenhof

Und wie spiegelt sich Dutch Design im Themenjahr wider? Nun, zum Beispiel in einem riesigen Blumenzwiebelmosaik, das ein Mondrian-Gemälde repräsentiert. Darüber hinaus widmen sich die Blumenausstellungen im Oranje-Nassau-Pavillon ganz dem Dutch Design. Und in einem anderen Teil des Keukenhofs begegnet man dem guten „Piet“ ebenfalls: im Mondrian-Garten mit seinen primären quadratischen Farbflächen.

Bleibt noch die Frage, ob Dutch Design auch tatsächlich holländischer Herkunft ist? Doch, doch, ich glaube schon…

Weitere Informationen: Blumenpark

Der Blumenpark Keukenhof (Stationsweg 166A, 2161 AM Lisse) ist 2018 vom 22. März bis zum 13. Mai geöffnet.

 

 

Schlafen wie ein Schriftsteller im siebten Himmel: Das Ambassade Hotel in Amsterdam

Das Hotel

Wer das Besondere bevorzugt, ist hier absolut richtig aufgehoben: Das Ambassade Hotel befindet sich im historischen Grachtengürtel. Es ist auf zehn ehrwürdige Giebelhäuser verteilt. Das Licht am Abend aus den Zimmern schimmert gelblich im Wasser. Das Haus befindet sich in Privatbesitz. Eigentümer Wouter Schopman ist ein Kunstkenner, seine Sammlung verleiht dem Ambassade Hotel den Status eines Privatmuseums. Die wichtigsten Werke stammen von der einflussreichen Künstlergruppe COBRA.

Mehr als 4000 Schriftsteller haben im Ambassade Hotel genächtigt – und signierte Bücher hinterlassen

Als wäre das nicht genug, pflegen die führenden niederländischen Literaturverlage im Ambassade Hotel ihre Autoren einzuquartieren, wann immer diese in der Stadt sind. Das Resultat sind mehr als 4000 signierte Bücher, die in den Vitrinen der bibliotheksähnlichen Hausbar stehen. Zu den Schriftstellern, die hier genächtigt haben, zählen Salman Rushdie, Umberto Eco, und, jüngeren Datums, Jonathan Safran Foer. Wer nett fragt, darf die kostbaren Bücher auch in die Hand nehmen.

Wer nett fragt, darf in den kostbaren Büchern blättern

Seit 2015 beherbergt das Hotel auch seine eigene Brasserie. Die Kunstwerke an den Wänden (vorwiegend Wolvecamp) und das modern-sachliche Interieur rufen eine fast schon euphorische Behaglichkeit hervor, die am Gaumen ihre Fortsetzung findet. Dies alles böte Stoff für einen schwärmerischen Prosatext, doch etwas dergleichen sieht diese Kategorie nicht vor. Noch übrigens haben die Gastro-Führer das Lokal nicht entdeckt.

Der Wohlfühlfaktor

Als ungewöhnlich an diesem Hotel darf gelten, dass kaum etwas nicht besonders ist. Was mir von Anfang an positiv auffällt, ist die Herzlichkeit des Personals. Egal ob am Check-in, in der Bar oder in der Funktion des Concierges, scheint man hier einen gewissen Stolz zu verspüren, Teil eines großen Ganzen zu sein. In Zeiten des gewinnoptimierten Turbokapitalismus erlebt der Reisende dies nur noch selten, eine Beobachtung, die erst recht für eine weltweit geliebte Tourismushochburg gilt. Im Ambassade hingegen kann man sich dieses Privilegs sicher sein.

Wohlhabende Melancholiker können am Schreibtisch stilecht ihre Gedanken zu Papier bringen

Die Besonderheit

Die Maisonettezimmer sind zum Niederknien schön. Hier wurde lebendig, was mich Zeit meines Lebens als wiederkehrender Tagtraum beschäftigt hat: Einmal unter dem schmalen Giebel eines Amsterdamer Grachtenhaus zu nächtigen, mir vorzustellen, wer an dieser Stelle wohl vor 300 Jahren gelegen haben mag, und vor 200, oder vor 100. Aufzuwachen, von oben auf die Herengracht zu blicken und aus einem Fenster an der Dachschräge auf die verschwenderisch ornamentierten Wetterhähne früherer Jahrhunderte zu blicken. Das Frühstück aufs Zimmer kommen zu lassen. Und vorzugsweise das Hotel nicht zu verlassen, höchstens um ein paar Leckereien zu kaufen, oder einen Sancerre, der den Tag auf mustergültige Weise zu orchestrieren versteht.

Hotel-Gadgets

Ein derart geschmeidiges und gediegenes Haus benötigt keine Gadgets, um die Gunst des Gastes zu erwerben. Aber, wen es interessiert: In meinem Zimmer aber gab es Fußbodenheizung. Ein Detail für Architektur-Freaks: Die öffentlichen Räume des Hotels wurden 2015 von den spanischen Architekten Cruz y Ortis renoviert, die auch für die Neugestaltung des Rijksmuseum verantwortlich zeichnen.

COBRA-Kunst: Der Name verweist auf die Herkunft der Künstler, COpenhagen, BRüssel und Amsterdam

Der Wohlfühlfaktor

Ist in diesem Falle dem Maximum sehr nahe. Denn wie ich schon sagte: Im Ambassade Hotel wird man als Gast wie ein alter Freund behandelt und wie ein Edelmann umgarnt. Das Ambiente ähnelt einem Amsterdam aus dem Bilderbuch. Kunst und Literatur sind allgegenwärtig. So wird der Besuch wie ein Ausflug in eine bessere Welt. Ganz nebenbei: Die 2015 eröffnete Brasserie gehört zu meinen Lieblingsrestaurants in Amsterdam. Besonders reizvoll ist ein Platz am Fenster.

Der ideale Gast ist ein kulturbeflissener Genießer

Der ideale Gast des Ambassade Hotel

Hier ist die vorstellbare Palette breit gefächert. Paare, die sich einen unvergesslichen Aufenthalt gönnen möchten, wären zuvorderst zu nennen. Doch auch wohlhabende Melancholiker sind hier gut aufgehoben, die Subspezies der Feuilletonisten sowieso. Für den Durchschnittstourist ist der Zimmerpreis, der in der Nebensaison bei 170 Euro (abzüglich temporär erhältlichem Webseitenrabatt, ohne Frühstück) beginnt, sicherlich gesalzen. Dafür aber verspricht der Aufenthalt ein authentisches Stück Amsterdam, das sich im Gedächtnis auf alle Zeiten festsetzt.

Der Blick aus dem Fenster des Maisonette-Zimmers

Bewertung: 9,5 (von 10)

Technische Daten des Ambassade Hotel

Das Hotel verfügt über 56 individuell eingerichtete Zimmer. Es ist mit vier Sternen klassifiziert. Die Lage an der Herengracht ist ebenso reizend wie ruhig. Mobiliar ist durchaus klassisch, die technische Ausstattung gut. Das W-Lan ist kostenlos und schnell. Das Frühstück kostet zusätzlich 19,50 Euro pro Person. Es ist üppig portioniert. Wer sich das Frühstück aufs Zimmer bringen lässt, muss mit Filterkaffee vorlieb nehmen.

Ambassade Hotel, Herengracht 341

1016 AZ Amsterdam

Tel: +31 (0)20 555 0 222

E-Mail: info@ambassade-hotel.nl

www.ambassade-hotel.nl

Text und Bilder: Ralf Johnen, Januar 2017. Ich war für die Recherchen meines neuen Buches in Amsterdam. Das Ambassade Hotel hat uns den Aufenthalt ermöglicht. Mein Urteil ist davon unbeeindruckt.

Glamour aus Schwimmwesten: Der Designer Omar Munie

Ein kleiner somalischer Junge wird von den Eltern in den Flieger gesetzt, ein Einfachticket ohne Rückflugoption: neun Jahre alt ist Omar Munie damals, ein T-Shirt trägt er, das Trikot eines deutschen Fußballspielers – Jürgen Klinsmann, Rückennummer 18. „Dorthin müsst ihr euch durchschlagen“, gibt die Mutter den vier Kindern auf den Weg, „in die Heimat von Jürgen Klinsmann“. Heute ist der Junge ein berühmter Designer.

Niederländische Handarbeit ist für den Designer Omar Munie wichtig...Foto: Frida van Dongen

Niederländische Handarbeit ist Omar Munie wichtig…Foto: Frida van Dongen

Dankesschreiben von Máxima an den Designer

Aber Omar Munie und die Geschwister bleiben beim fußballerischen Erzrivalen hängen, am Amsterdamer Flughafen Schiphol. Und Omar Munie ist nie mehr fortgegangen aus Holland. Heute steht der dunkelhäutige Designer breit lächelnd in seiner Designboutique an der Den Haager Nobelmeile Noordeinde. Wenn er sich zur Tür rauslehnt, kann er die Pforte des Königspalasts sehen. Die Reichen und Schönen reißen sich um seine Handtaschen: ein Dankschreiben der damaligen Prinzessin Máxima, heute Königin der Niederlande, thront in seinem Geschäft, und Oprah Winfrey führte ebenfalls bereits eins seiner Modelle spazieren.

Die Auswahl der Modelle des Designers Omar Munie reicht von klassisch....

Die Auswahl der Modelle von Omar Munie reicht von klassisch….

Erstes Geschäft in Den Haag eröffnet

Es ist ein modernes Märchen, das Omar Munie erlebt – allerdings ist er sein eigener guter Geist gewesen, der sich durch harte Arbeit und viel Geschick seine Träume erfüllt hat. Früh entdeckt er sein kreatives Talent, besucht eine Modefachschule. Die Klassenkameradinnen sind begeistert von seinen Kreationen. Bald beginnt er, die Handtaschen für 35 Euro das Stück zu verkaufen. 2006 eröffnet der Zwanzigjährige sein erstes Handtaschengeschäft in einem Gewerbegebiet in Den Haag.

...bis verspielt. Foto: Frida van Dongen

…bis verspielt. Foto: Frida van Dongen

Designer Omar Munie: Glamour kombiniert mit sozialem Gewissen

Dass der Designer derart durchschlagenden Erfolg hat, dürfte nicht nur an seinen Kreationen liegen, die von klassischen Business-Köfferchen bis hin zu verspielten Edelbeuteln reichen.

Der einstige Flüchtling engagiert sich als Designer vielfältig im Sozialwesen. Foto: Frida van Dongen

Der einstige Flüchtling engagiert sich vielfältig im Sozialwesen. Foto: Frida van Dongen

Die Beliebtheit der Marke Omar Munie begründet sich wohl auch aus der Kombination von Glamour und sozialem Gewissen. Der einstige somalische Flüchtling achtet darauf, unter seinen derzeit 15 Mitarbeitern stets auch Menschen zu beschäftigen, die aus ihrer Heimat geflohen sind. Er gründete die Organisation „The Dutch Tulip“, die sich die Integration von Flüchtlingen zum Ziel gesetzt hat, ihnen etwa westliche Umgangsformen und Niederländisch beibringt. Arbeitslose beschäftigt er ebenfalls.

Stolz ist der Handtaschendesigner auf seine Errungenschaften. Seinen Traum hat er sich selbst erfüllt.

Stolz ist der Handtaschendesigner auf seine Errungenschaften. Seinen Traum hat er sich selbst erfüllt.

Designer Omar Munie: Nachhaltige, handgemachte Handtaschen

Seine Produkte stellt er nach fünf Kriterien her: sie müssen handgearbeitet, in den Niederlanden hergestellt und nachhaltig produziert sein, Glamour ausstrahlen und als Inspirationsquelle fungieren. Omar Munie setzt hierbei auf Recycling und die Verwendung nachhaltiger Materialien. „Wir experimentieren grade mit Ananasleder“, verrät der Handtaschendesigner bei unserem Besuch in seinem Geschäft.

Glamour und soziales Gewissen vereint der Designer in seinen Modellen. Foto: Frida van Dongen

Glamour und soziales Gewissen vereint der Designer in seinen Modellen. Foto: Frida van Dongen

Das wohl ungewöhnlichste Material für seine Entwürfe aber hat mit seiner persönlichen Geschichte zu tun: er designt seit neuestem Armbänder aus recycelten Schwimmwesten. Damit erinnert er an das Schicksal derer, die mit ebenjenen Plastikwesten über die Ägäis nach Europa kamen – und auch an jene, die bei dieser Überfahrt den Tod gefunden haben. Aus dem Erlös der Armbänder unterstützt er eine Flüchtlingshilfe. Versteht sich von selbst, dass der einstige Flüchtlingsjunge ebenfalls ein Schwimmwestenarmband trägt.

Text und Fotos: Frida van Dongen

Omar Munie, Noordeinde 43 T, 2514 GC Den Haag, www.omarmunie.com