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Micropia in Amsterdam: Ein Zoo für Minitierchen

Der kleinste Bär der Welt ist höchsten einen Millimeter groß und mit bloßem Auge kaum sichtbar. Doch als ich in „Micropia“ durch ein Spezialmikroskop linse, erkenne ich deutlich, wie das tapsige Wesen mit seinen dicken Beinen gemütlich durch die es umgebende Flüssigkeit stapft. Das „Bärtierchen“, mit wissenschaftlichem Namen „Tardigrada“ (langsamer Schritt) ist ein bemerkenswertes Lebewesen, wie ich auf der nebenstehenden Schautafel erfahre: es kann rund zehn Jahre ohne Wasser auskommen und – so haben es offenbar Experimente ergeben – sowohl im All als auch in hoher Radioaktivität überleben.

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Kleinster Bär der Welt: Tardigrada können unter extremsten Bedingungen überleben. Foto: Micropia

Zu sehen ist das außergewöhnliche Tierchen in „Micropia“, der neuesten Attraktion in Amsterdam. Als Teil des altehrwürdigen Tiergartens „Artis“ nennt sich die Einrichtung „Mikrobenzoo“ und will Lebewesen sichtbar machen, die der Normalbürger normalerweise nicht bewundern kann. „Zweidrittel der Natur sind unsichtbar“, erläutert Artis-Zoodirektor Haig Balian, der bereits in seiner Jugend den Wunsch verspürte, die Zusammenhänge der Natur in ihrer Gesamtheit darzustellen und Micropia als Ergänzung des klassischen Tierparks sieht.

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Die Welt der kleinsten Lebewesen zeigt Artis-Direktor Haig Balian im Micropia in Amsterdam.

Die Idee für Micropia kam ihm durch seine Kinder. Seine pubertierenden Teenager brachten damals neue Themen in die Familie und so beschäftigte er sich beispielsweise mit der Frage, was eigentlich in wissenschaftlicher Hinsicht bei einem Kuss passiert – ein Austausch komplexer Flora und Millionen von Mikroben. Dies übrigens kann man heute in „Micropia“ im Kiss-o-Meter selbst auf spielerische Art und Weise testen. Aber ich schweife ab…

Mikroben. Sie sitzen auf euch, sie sind in dir, und du hast mehr als hunderttausend Milliarden. Foto Micropia, Bianca Pilet

Jeder Mensch schleppt zig Milliarden Mikroben mit sich herum. Foto: Micropia, Bianca Pilet

Balian hatte sich also in den Kopf gesetzt, ausgerechnet die Welt der Mikroben und Viren zu zeigen, also jene Lebewesen, die eine denkbar schlechte Reputation haben. Aber lediglich ein Prozent machen tatsächlich krank, so der Wissenschaftler. Es dauerte trotzdem unter anderem deshalb zwölf Jahre bis zu Umsetzung, weil heute zahlreiche lebende Mikroben gezeigt werden, was einiges an technischem Knowhow erfordert. Zudem werden sie im eigenen Labor gezüchtet. Aber keine Sorge: während diverse Mikroben lebend zur Schau gestellt werden, sind Ebola, HIV & Co nur als beeindruckende gläserne Modelle zusehen.

Die Meeresleuchttierchen (Noctiluca scintillans) erzeugt Lichteffekte in den Wellen. Foto Micropia, Wim van Egmond

Hübsch: Die Meeresleuchttierchen Noctiluca scintillans erzeugen Lichteffekte. Foto: Wim van Egmond.jpg

In dem mit modernster Museumstechnik ausgestatteten Micropia können Besucher nun die Tierchen entdecken, die Antoni van Leeuwenhoek bereits im 17. Jahrhundert typisierte, als er sie mit seinem grade entwickelten Mikroskop in Sperma oder Zahnbelag entdeckt hatte. Dabei blickt das moderne Publikum durch speziell für Laien angefertigte Mikroskope auf diejenigen Tierchen, von denen jeder Mensch hunderttausend Milliarden mit sich herumschleppt. Da schüttelt es den ein oder anderen, wenn er sich in den „Körperscanner“ stellt und herausfindet, dass er mehr Bakterien im Mund hat als es Menschen auf Erden gibt….

Micropia_Beim körperscan werden die eigenen Mikroben entdeckt. Foto Micropia, Maarten van der Wal

Beim Körperscan werden die eigenen Mikroben entdeckt. Foto: Maarten van der Wal.jpg

Ich jedenfalls habe mich in dem ungewöhnlichen Zoo bestens amüsiert und eine lehrreiche Zeit verbracht. Auch die langen Öffnungszeiten (von donnerstags bis samstags jeweils bis 20 Uhr) finde ich sehr ansprechend. So kann man sich erst ein wenig mikrobiologisch bilden – und dann beim Küssen an den Amsterdamer Grachten Millionen Mikroben austauschen.

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Ein Kuss an den Amsterdamer Grachten – und Millionen Mikroben wechseln ganz unromatisch die Besitzer

Frida van Dongen war auf Einladung von Amsterdam Marketing in Micropia. Ihre Begeisterung kam von allein.

Fotos: Micropia (6), Frida van Dongen (1)

Micropia Artisplein, Plantage Kerklaan 36-38, Amsterdam (im Zoo Artis, aber auch ohne Zooticket zugänglich). Geöffnet montags bis Mittwochs von 9 bis 18 Uhr sowie donnerstags bis samstags von 9 bis 20 Uhr, sonntags von 9 bis 18 Uhr. Geignet für Besucher ab acht Jahren. Eintritt: 14 Euro Erwachsene, 7,50 Euro Studenten, 12 Euro für Kinder von 3 bis 9 Jahre.

 

 

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