Geflügelte Fische, Teufelchen und Fabelwesen, die aus Ohren klettern: wer dieser Tage durch `s-Hertogenbosch spaziert, stolpert geradezu über Fantasiefiguren. Ob als Skulpturen auf der begehbaren Kathedrale St. Johannes, als lebensgroße Figuren im Fluss Binnendieze, als Geschirr in Restaurants oder als Aufkleber auf Schaufenstern: allerorts begegnet man den Kreationen des bedeutendsten Sohnes der niederländischen Stadt: Hieronymus Bosch. Frida van Dongen ist fasziniert – von Hieronymus in der mittelalterlichen Stadt und in einer fulminanten Ausstellung, die am 11. Februar vor den Weltmedien eröffnet wurde.
Genau 500 Jahre nach dem Tod des großen Künstlers (ca. 1450-1516) begeht die Stadt ein Festjahr. „Welcome home, Jheronimus!“ liest man denn auch überall – und es klingt zärtlich. Aufhänger für den beachtlichen Bosch-Hype ist die Ausstellung „Hieronymus Bosch – Visionen eines Genies“. Im Rahmen dieser bislang größten Übersichtsschau zu dem mittelalterlichen Künstler kehren 17 Gemälde und 19 Zeichnungen dorthin zurück, wo sie gefertigt wurden: nach Den Bosch.
Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil Den Bosch, wo Hieronymus geboren wurde und verstarb und wo er höchstwahrscheinlich sein ganzes Leben verbrachte, kein einziges seiner Werke besitzt. Nun also kommen Leihgaben aus der ganzen Welt wieder zurück – aus dem Prado in Madrid, aus dem Louvre in Paris. Vom 13. Februar bis zum 8. Mai kann man die Bilder des „Teufelsmalers“ im Noordbrabants Museum bewundern.
Wie hat das vergleichsweise kleine niederländische Ausstellungshaus das bloß geschafft? Museumsdirektor Dr. Charles de Mooij grinst immer leicht verschmitzt, wenn er von der genialen Idee erzählt: „Wir konnten ja anderen Museen keine Boschgemälde im Tausch für unsere Ausstellung bieten“, erklärt er. Aber enormes Wissen über den Künstler sei durchaus vorhanden gewesen. Also habe man 2007 zusammen mit der Stiftung „Jheronimus Bosch 500“ und der Radboud Universiteit Nijmegen das „Bosch Research and Conservation Project“ (BRCP) gegründet – und den Museen weltweit Forschung im Tausch für Kunst angeboten. „Wenige Museen haben abgelehnt, viele waren begeistert und haben ihre Werke für die Ausstellung zur Verfügung gestellt“, bilanzierte De Mooij am 11. Februar bei der Pressekonferenz, zu der Medien aus der ganzen Welt angereist waren. Das BRCP beinhaltete umfangreiche Untersuchungen der Boschgemälde mithilfe neuester Technik und insgesamt Restaurierungen.
Im Zuge der kunsthistorischen Untersuchung gab es auch spektakuläre Ergebnisse: so wurde eine bislang anonyme Zeichnung aus einer Privatsammlung unter dem Titel „Höllenlandschaft“ nun dem großen Meister selbst zugeschrieben. Gleiches gilt für „Die Versuchung des Heiligen Antonius“ aus dem Nelson-Atkins Museum in Kansas City (USA), die bislang für das Werk eines Schülers oder Nachfolgers Boschs gehalten wurde.
Beide Werke kann man ab 13. Februar im Noordbrabants Museum sehen. Sie sind Teil einer Ausstellung, die schon vorab mit Superlativen warb und die nun völlig zurecht Medien aus der ganzen Welt anlockte. Ist dies doch nicht nur die bislang größte Übersichtsausstellung zu dem Maler. Vielmehr überzeugt die Ausstellung auch durch ihre kluge Hängung und das gedimmte Licht, das Fernsehcrews zur Boschschen Weißglut bringt, aber für den Betrachter ein Genuss ist, weil nichts vom Glanz und der Detailfülle der Bilder ablenkt. Inhaltlich überzeugt die Ausstellung auch, obwohl das wohl bedeutendste Werk, der „Garten der Lüste“ aus dem Prado nicht dabei ist – „würde der Louvre die Mona Lisa ausleihen“, seufzt Charles des Mooij rhetorisch, wenn Besucher ihr Bedauern über das Fehlen des Gemäldes ausdrücken.
Aber andere große Werke wie das Tryptichon „Der Heuwagen“ sind in Den Bosch natürlich zu bewundern. In dessen Mitteltafel ist ein hochbeladener Heuwagen zu sehen, umgeben von Menschen, die sich irdischem Getümmel hingeben. Der linke Flügel zeigt das Paradies, während der rechte Flügel die Hölle darstellt. Der tiefgläubige Hieronymus Bosch wollte mit diesem farbenprächtigen Tryptichon aufzeigen, dass die Welt auf der Jagd nach irdischem Besitz auf die Hölle zusteuert.
Zahlreiche derartiger großartiger Gemälde sind in der Ausstellung ausgestellt – nicht zu vergessen die Zeichnungen, die einen Eindruck davon vermitteln, wie der große Künstler im Kleinen gearbeitet hat. Einige Gemälde werden mit Projektionen aus dem Forschungsprojekt ergänzt. Besonders beeindruckend sind die zahlreichen Details in den Werken: wer nahe herantritt, dem eröffnet sich dank Monstern, Teufeln, Fabelwesen und fliegenden Fischen die Bossche Fantasiewelt.
Übrigens kann die Stadt Den Bosch froh sein, dass Hieronymus offenbar auch ein Marketingtalent war: damit Auftraggeber wussten, wo sie ihn zu finden hatten, benannte er sich kurzherhand um – von Jheronimus van Aken (Aachen) in Jheronimus Bosch.
Frida van Dongen war auf Einladung des Niederländischen Büros für Tourismus & Convention (NBTC) und des Het Noordbrabants Museum in Den Bosch. Ihre Begeisterung für den Teufelsmaler kam von alleine
„Jheronimus Bosch – Visions of genius“, vom 13.2.-8.5.2016 im Het Noordbrabants Museum, Verwersstraat 41, Den Bosch, geöffnet täglich von 9 bis 19 Uhr, Erwachsene 22 Euro, bis 18 Jahre 12 Euro. www.hnbm.nl
Anreise: z.B. von Köln aus mit der DB in weniger als drei Stunden mit einem Umstieg in Utrecht, www.bahn.de